Kinder und Jugendliche werden nach ihrer Meinung gefragt
Seit 1997 ist in der Stadt Kassel durch eine Verfügung des Oberbürgermeisters geregelt, wann und wie Kinder- und Jugendbeteiligung umzusetzen ist. Beteiligung bedeutet, dass Kinder und Jugendliche nach ihrer Meinung gefragt werden müssen, bevor Erwachsene über Angelegenheiten entscheiden, die Kinder und Jugendliche betreffen. So darf zum Beispiel in Kassel ein Spielplatz nur dann gebaut werden, wenn Kinder und Jugendliche nach ihrer Meinung und ihren Ideen gefragt werden.
Bisher haben sich Kasseler Kinder und Jugendliche zum Beispiel beim Bau von Spielplätzen, Skateranlagen, Kita-Außengelände, Cliquentreffs, Sprayerflächen und bei Lösungen von Verkehrsproblemen beteiligt. Außerdem wurden viele Schulhöfe mit Schülerinnen und Schülern neu gestaltet und sind so zu tollen Spielhöfen geworden. Das Kinder- und Jugendbüro unterstützt nicht nur bei Schulhofprojekten, sondern auch dabei, in Schule und Alltag mehr mitzubestimmen – Schulklassen können zum Beispiel lernen, wie sie einen Klassenrat umsetzen.
Eine Gebrauchsanleitung für Beteiligung kann sich jeder gerne im Kinder- und Jugendbüro abholen. Darin sind alle notwendigen Infos für die Durchführung eines Beteiligungsprojektes zu finden – viele praktische Tipps, wichtige Adressen und Materialien.
Projekte
Die Verfügung
Verfügung des Oberbürgermeisters zur projektorientierten Kinder- und Jugendbeteiligung (1997, 1. Überarbeitung von 2006, 2. überarbeitete Fassung von 2021)
1. Kinder und Jugendliche sind in allen ihre unmittelbare Lebenswelt betreffenden kommunalpolitischen Vorhaben und Entscheidungen angemessen und entsprechend ihres Alters und ihrer Reife zu beteiligen.
2. Die Aufforderung beinhaltet die verbindliche Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei der Stadtentwicklung und Stadtgestaltung (z.B. bei der Gestaltung von öffentlichen Plätzen, Freizeitsportanlagen und Parks, von Spielplätzen, Schulneubauten sowie bei städtebaulichen Entwicklungs- und Verkehrskonzepten bzw. raumbedeutsamen Straßenplanungen).
3. Bei den Beteiligungsvorhaben ist das Verfahren der projektorientierten Kinder- und Jugendbeteiligung anzuwenden. Das Verfahren bzw. die Schritte des Kasseler Modells (6 Phasen, vgl. Tabelle unten) wird sowohl bei der Durchführung der Projekte, die von Kindern und Jugendlichen bzw. deren Interessensvertretungen ausgehen (‚bottom up‘ Projekte), als auch bei Planungsvorhaben der Verwaltung (‚top down‘ Projekte) angewandt. Je nach Art und Umfang des Projektes wird das Verfahren in Abstimmung mit der/dem Kinder- und Jugendbeauftragten angepasst und ggf. in vereinfachter Form angewendet. Wichtige Kooperationspartner*innen sind bei Planungsvorhaben der Verwaltung der Stadtschüler*innenrat und das (geplante) stadtweit agierende Jugendgremium. Aus der Bestandsaufnahme heraus sollten ‚Ruck-Zuck‘-Umsetzungen ermöglicht werden, damit die beteiligten Kinder und Jugendlichen erste Verbesserungen ihres Lebensumfeldes bzw. Stadtteils oder Quartiers als Ergebnis der Beteiligung erleben.
4. Alle Ämter sind verpflichtet die Umsetzung von Beteiligungsprojekten zu unterstützen. Die im Rahmen eines laufenden Beteiligungsprojektes notwendigen Verwaltungsleistungen sind zeitnah und im angemessenen Rahmen unter Berücksichtigung der personellen Ressourcen zu bearbeiten, wobei ‚bottom up‘ Projekte gleichrangig mit ‚top down‘ Projekten behandelt werden.
5. Die projektorientierte Kinder- und Jugendbeteiligung wird in der Regel durch das Jugendamt (Kinder- und Jugendbeauftragte*r, Abteilung Kinder- und Jugendförderung, Kommunales Jugendbildungswerk) in Abstimmung mit den betreffenden Fachämtern organisiert und koordiniert. Ein geeigneter freier Träger wird mit der Durchführung von einer begrenzten Anzahl an Kinder- und Jugendbeteiligungsprojekten über eine Leistungsvereinbarung des Jugendamtes beauftragt. Der Fokus liegt hierbei auf Projekten, die von Kindern und Jugendlichen ausgehen (z.B. Anliegen Kinder- und Jugendforum). Bei ‚top down‘ Projekten sowie städtebaulichen Entwicklungsprojekten obliegt die Festlegung der terminlichen Rahmenbedingungen und die Durchführung der Kinder- und Jugendbeteiligung den jeweils projektleitenden Fachämtern, wobei Art und Umfang der Beteiligung bereits vor Auftragsvergabe mit der/dem Kinder- und Jugendbeauftragten des Jugendamtes abzustimmen sind. Projektbezogen kann die Kinder- und Jugendbeteiligung von anderen fachlich geeigneten Auftragnehmern durchgeführt werden.
6. Folgende Ämter benennen eine Beauftragte oder einen Beauftragten für Kinder und Jugendbeteiligung:
- 23 - Liegenschaftsamt
- 32 - Ordnungsamt
- 40 - Amt für Schule und Bildung
- 41 - Kulturamt
- 50 - Sozialamt
- 52 - Sportamt
- 53 - Gesundheitsamt Region Kassel
- 59 - Amt für Kindertagesbetreuung Kassel
- 63 - Stadtplanung, Bauaufsicht und Denkmalschutz
- 65 - Hochbau und Gebäudewirtschaft
- 66 - Straßenverkehrs- und Tiefbauamt
- 67 - Umwelt- und Gartenamt
Bei den übrigen Ämtern sind die jeweiligen Amtsleitungen Ansprechpartner*innen. Die Beauftragten für Kinder- und Jugendbeteiligung fungieren in den Fachämtern als Ansprechpartner*innen für Beteiligungsfragen sowohl auf Verwaltungs- als auch auf Stadtebene. Bei Planungsvorhaben der Fachämter sind sie die Schnittstelle zwischen der/dem Kinder- und Jugendbeauftragten des Jugendamtes und den jeweiligen Projektleiter*innen. Zu ihren Aufgaben gehört:
- Aufklärungs- und Informationsarbeit im Hinblick auf Kinder- und Jugendbeteiligung im eigenen Fachamt leisten
- neue Mitarbeiter*innen im Bereich Fachplanung über das Verfahren der projektorientierten Kinder- und Jugendbeteiligung informieren
- Informationsfluss zwischen der/dem Kinder- und Jugendbeauftragten des Jugendamtes und dem eigenen Fachamt sicherstellen (Rückkopplung, Abstimmung, Aktualisierung und Fortschreibung von Planungsvorhaben)
- - Teilnahme der benannten Beauftragten für Kinder- und Jugendbeteiligung aller unter Punkt 7 genannten Fachämter an Abstimmungsrunden, Informations-/ Fachveranstaltungen sowie Kinder- und Jugendforen - Informationen zu Planungsvorhaben der jeweiligen Fachämter in die Abstimmungsrunde Kinder- und Jugendbeteiligungsprojekte einbringen.
Von den jeweiligen Fachämtern ist sicherzustellen, dass die o.g. Aufgaben in den Fachämtern
(Dienstverteilungsplänen) Berücksichtigung finden.
7. In einer auf Einladung von -51- vierteljährlich einzuberufenden Abstimmungsrunde Kinder- und Jugendbeteiligungsprojekte stimmen die Beauftragten für Kinder- und Jugendbeteiligung der Ämter -40-, -51-, -52-, -59-, -63-, - 65 -, -66- und -67- und Vertreter*innen der vertraglich beteiligten freien Träger die Anzahl und das Verfahren der durchzuführenden Projekte untereinander ab. Soweit erforderlich werden Beschlussvorlagen für die städtischen Gremien abgestimmt und über das zuständige Amt/Dezernat eingebracht.
8. Über die Aufnahme eines Projektanliegens in die aktuelle Liste der Kinder- und Jugendbeteiligungsprojekte, die nach dem projektorientierten Verfahren durchgeführt werden, entscheidet die/der Kinder- und Jugendbeauftragte des Jugendamtes in Abstimmung mit der Moderator*innenkonferenz und der Abstimmungsrunde Kinder- und Jugendbeteiligungsprojekte.
9. Für jedes Beteiligungsprojekt ist eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Jugendamtes oder der Kooperationspartner*innen durch die monatlich stattfindende Moderator*innenkonferenz als verantwortliche Moderatorin bzw. Moderator zu benennen.
10. Die Kinder- und Jugendbeteiligung ist bei allen Kinder und Jugendliche betreffenden kommunalen Vorhaben regelhaft vor Auftragsvergabe im Planungsverfahren in geeigneter Form sicherzustellen. Dies gilt sowohl für Vorhaben im öffentlichen Raum als auch für bauliche Vorhaben (z.B. Schulneubauten, Kinder- und Jugendzentren, Museen etc.). Kinder- und Jugendbeteiligung ist gleichermaßen wie Bürger*innenbeteiligung als fester Bestandteil von Planungsverträgen zu definieren. Die Rahmenbedingungen und Inhalte der Kinder- und Jugendbeteiligung werden von den jeweiligen Projektleiter*innen der Fachämter mit der/dem Kinder- und Jugendbeauftragten des Jugendamtes abgestimmt. Die Kosten, die für Beteiligungsverfahren und deren Umsetzung entstehen, sind bei der Planung und Finanzierung der Planungs- und Bauvorhaben von den zuständigen Ämtern im Rahmen ihrer Fachverantwortung gemäß Ziffer 2 zu berücksichtigen. In Abstimmung mit -51- kann die Durchführung der Kinder- und Jugendbeteiligung ganz oder teilweise im Rahmen der Leistungsvereinbarung des Jugendamtes mit dem vertraglich beteiligten freien Träger erfolgen.
11. Für die Durchführung und Umsetzung v n Kinder- und Jugendbeteiligung ist die Bereitstellung von ausreichenden Geldmitteln wichtig. Die im Haushalt der Stadt Kassel veranschlagten und dem Produkt „Kinder- und Jugendbeteiligung“ zugeordneten investiven Mittel zur Anschubfinanzierung von Jugendbeteiligungsprojekten ermöglichen erste Umsetzungsschritte von Kinder- und Jugendbeteiligungsverfahren und sind langfristig sicherzustellen.
12. Das Jugendamt wird beauftragt einmal im Jahr ein Kinder- und Jugendforum vorzubereiten und durchzuführen, in dessen Rahmen Anliegen von Kindern und Jugendlichen eingebracht werden können sowie eine öffentliche Darstellung und Diskussion aktueller Beteiligungsprojekte erfolgt. Am Kinder- und Jugendforum nehmen u.a. die Jugenddezernentin und die Beauftragten für Kinder- und Jugendbeteiligung der Fachämter teil. Die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses und die Ortsvorsteherinnen bzw. Ortsvorsteher werden eingeladen.
13. Das Jugendamt organisiert einmal im Jahr einen ämter- und dezernatsübergreifenden Fachtag zur Fortbildung und Vernetzung der Beauftragten für Kinder- und Jugendbeteiligung aus den Fachämtern sowie aller weiteren Partnerinnen und Partner, die an Beteiligungsvorhaben mitwirken.
14. Die Stadt Kassel informiert auf dem Stadtportal zielgruppengerecht über aktuelle Beteiligungsprojekte und Mitbestimmungsmöglichkeiten. Das Jugendamt berichtet regelmäßig im Stadtschüler*innenrat und im (geplanten) Jugendgremium über aktuelle Beteiligungsprojekte.
Die 6 Phasen eines Beteiligungsprojektes
Auswertung und Dokumentation:
1. Projekt- Einstieg |
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2. Aktionstage/ -phase vor Ort |
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3. Präsentation der Ergebnisse |
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4. Planungs-rückkopplung |
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5. Umsetzung |
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6. Evaluation und Nachsorge |
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Die Ziele
Die Ziele der Kinder- und Jugendbeteiligung richten sich an alle Prozessbeteiligten. Das sind: Kinder und Jugendliche, Moderatoren der Projekte, Projektleitung, Politiker, Fachämter der Stadtverwaltung, Kooperationspartner vor Ort.
Kinder- und Jugendbeteiligung ermöglicht Politische Bildung
- Politische Bildung wird am praktischen Beispiel erlernt (Demokratieerfahrung)
- Entscheidungsprozesse und Zuständigkeiten werden verstanden (Transparenz)
- Eingriffsmöglichkeiten und Grenzen werden erkannt
- Direkte Kommunikation mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Verwaltung wird ermöglicht.
Kinder- und Jugendbeteiligung ermöglicht eine aktive Gestaltung des Lebensumfeldes
- Mitwirkung erhöht Identifikation mit dem Lebensumfeld
- Förderung des bürgerschaftlichen Engagements
- Kritische Auseinandersetzung mit den vielfältigen Bedürfnissen der
Beteiligten - Förderung von Verantwortungsbewusstsein
- Sozialräumliche Präventionsarbeit
- Förderung von Nachhaltigkeit und Nachsorge der (baulichen) Maßnahmen
- Unterstützungsmöglichkeiten im Wohngebiet und in den Stadtteilen erkennen
Ziele:
Kinder- und Jugendbeteiligung liefert nutzerorientierte Hinweise für die Planung
- Nutzerorientierte Hinweise für die Planung (Spielraumplanung, Stadtteilentwicklung, Stadtteilprofile etc.)
- Vermeidung von Fehlplanungen
- Herausarbeiten von ortsspezifischen (Problem-)Lösungen
- Nachhaltige Akzeptanz von Umsetzungen fördern
Die Projektvoraussetzungen
In der Konzeption der Kinder- und Jugendbeteiligung nach dem Kasseler Modell wurden zur Anerkennung von Beteiligungsprojekten Projektvoraussetzungen festgelegt. Folgende Voraussetzungen sind vor jedem Projektstart in der Moderatoren-Konferenz zu prüfen und zu berücksichtigen:
- Gibt es eine Initiative der Betroffenen?
- Gibt es eine Bereitschaft zur Kontinuität?
- Wie hoch ist die Anzahl der von einer möglichen Umsetzung betroffenen?
- Gibt es einen konkreten Auftrag?
- Gibt es ein klar erreichbares Ziel?
- Wie sind die Realisierungschancen des Projektes einzuschätzen (politische Unterstützung, Finanzen, Nachsorge…)?
- Ist der Projektzeitraum für Kinder bzw. Jugendliche absehbar?
- Gibt es ein geeignetes Team (Akteure vor Ort, Kooperationspartner, Moderatoren, Projektleitung)?
- Gibt es eine Analyse der Angebotssituation vor Ort (Sozialraumuntersuchung, Stadtteilportraits…)?
Kontakt zur Kinder- und Jugendbeauftragten
Daniela Ritter
Anschrift
Raum: 107
Haus der Jugend
Mühlengasse 1
34125 Kassel
Kontakt
- 0561 787-5254
- 0561 787-5065
- daniela.ritterkasselde