Durch den Campus soll die Grundschule Waldau um weitere Bildungs- und Sozialeinrichtungen ergänzt werden. Der Grundschulstandort wird in einem ersten Schritt um einen Neubau erweitert, der für ein Familienzentrum, eine Lernwerkstatt mit den Schwerpunkten Sprachförderung, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) sowie eine Kindertagesstätte mit Krippe gedacht ist. Familienzentrum und Lernwerkstatt richten sich mit den Angeboten jeweils an den gesamten Stadtteil und darüber hinaus. Es kann dadurch mit den vielfältigen Angeboten in den Bereichen Bildung, Betreuung und Erziehung am neuen Standort und in Zusammenarbeit mit der Grundschule und weiteren Partnern eine höhere Wirksamkeit erzielt werden.
Somit ermöglicht der Campus Waldau den Aufbau einer räumlich und pädagogisch‐konzeptionell verankerten Bildungskette für die Altersstufe 0 bis 12 Jahre und trägt nachhaltig zur Herstellung von Bildungsgerechtigkeit bei.
Der Baustart ist für Mitte 2024 vorgesehen. Der Einzug ist voraussichtlich Anfang 2026 möglich.
Kinderbeteiligung
Unter dem Motto „Deine Fantasie ist gefragt“ wurde bereits einige Wochen vor der Kinderbeteiligung die Werbetrommel gerührt, um auf die Veranstaltungen aufmerksam zu machen. Der erste Aktionstag lag den Fokus auf die Beteiligung jüngerer Kinder bis 6 Jahre und deren Eltern. Dieser fand am 30. Januar 2024 im Kinderhaus Waldau statt. Beim zweiten Aktionstag wurden Kinder der Grundschule Waldau sowie die Stadtteilöffentlichkeit in der Turnhalle der Schule informiert und befragt. Es wurde gezielt die Meinung der jungen Nutzerinnen und Nutzer des zukünftigen Gebäudes eingeholt, bevor die Planung gänzlich abgeschlossen sind. Das Planungsbüro informierte über die Architektur und die Materialität des Gebäudes sowie über die Gestaltung der Spielgeräte in den Freianlagen. Die Kitakinder und Schulklassen konnten den mit Absperrband abgesteckten „Fußabdruck“ und Standort des späteren Gebäudes im Außenraum besichtigen. Bei der Ausgestaltung der Spielgeräte, des zukünftigen Multifunktionssportfeldes und der Gestaltung des Treppenaufgangs war die Meinung der Kinder gefragt: An Maltischen, durch Murmelabstimmung und Punktekleben wurden die eigenen Ideen kreativ eingebracht. Auch konnten an den beiden Aktionstagen Erwachsene letzte Anmerkungen hinsichtlich des Neubaus einfließen lassen. So war es möglich bei letzten Details sowie der Gestaltung der Außenspielbereiche mitzureden.
Schlussendlich konnten 77 Kita-Kinder und 280 Schulkinder über die späteren Spielgeräte im Außenbereich sowie über die Farbe des neuen Multisportfeldes abstimmen. An den zwei Nachmittagen wollten um die 60 Erwachsene mehr über das Projekt in Erfahrung bringen und Hinweise geben.
Wettbewerb
Preisträger des Architekturwettbewerbs stehen fest
Der nächste Meilenstein auf dem Weg zur Realisierung eines herausragenden Projektes an der Schnittstelle zwischen Stadtteilentwicklung und Bildungslandschaft ist erreicht: Die Siegerentwürfe für die Campusentwicklung am Grundschulstandort in Waldau stehen fest.
Die Preisträger gingen aus einem Hochbauwettbewerb einschließlich Freiraumplanung hervor mit insgesamt 16 teilnehmenden Architekturbüros. Dem Projekt steht für Planung und Bau ein Gesamtkostenrahmen von 5,95 Mio. Euro zur Verfügung. Der Großteil dieser Summe stammt aus den Förderprogrammen der Bund‐Länder‐Programme Investitionspakt „Soziale Integration im Quartier“ sowie „Sozialer Zusammenhalt Forstfeld und Waldau“.
Kern des Projektes ist es, verschiedene Einrichtungen neu am Grundschulstandort Waldau zu verorten, um dort gemeinsam mit der Ganztagsschule den integrierten Bildungsort „Campus Waldau“ zu entwickeln. Daneben ist das städtebauliche Ziel, die Schnittstelle zwischen altem Ortskern und der Wohnstadt Waldau stärker auszugestalten und zu definieren. Der Campus Waldau soll ein zentraler Knotenpunkt der Bildungs‐ und Sozialeinrichtungen im Stadtteil sein und auch städtebaulich erlebbar gemacht werden. Die eingereichten Entwürfe wurden durch ein neunköpfiges Preisgericht Ende November im Hallenbad Ost diskutiert. Das Preisgericht setzte sich zusammen aus städtischen Vertreterinnen und Vertretern – darunter Stadtbaurat Christof Nolda sowie Bildungs‐ und Jugenddezernentin Ulrike Gote – sowie externen Beraterinnen und Beratern. Ziel war es, die passende architektonische und städtebauliche Lösung für folgende Aufgabestellung zu finden: In einem kompakten und energetisch durchdachten Baukörper aus Holzbauweise soll das Kinderhaus Waldau I ein neues Zuhause finden sowie ein Familienzentrum und eine Lernwerkstatt einziehen.
Die Funktionen Familienzentrum und Lernwerkstatt sind hierbei neu gegründete Einrichtungen und sollen neben den Kindergarten‐und Grundschulkindern allen Generationen aus dem Stadtteil Waldau und darüber hinaus offenstehen. „Die Siegerentwürfe haben die gestellte Aufgabe mit Bravour gemeistert: Die Entwürfe legen großen Wert auf Nachhaltigkeit. Die Innengestaltung ist so ansprechend wie sie eine funktionale Umsetzung des spannenden neuen Konzepts erlaubt. Und im Außenverhältnis schlagen die Entwürfe eine gelungene Brücke zur Wohnstadt Waldau wie dem alten Ortskern“, so Stadtbaurat Christof Nolda.
Unter dem Preisgerichtsvorsitz von BDA‐Präsidentin Susanne Wartzeck begutachtete die Jury insgesamt 16 Entwürfe namhafter Architekturbüros aus ganz Deutschland. Nach zweitägiger Beratung und insgesamt drei Bewertungsrundgängen ist sich das Preisgericht sicher: Es soll zwei Siegerentwürfe geben. Die Entwurfsverfasser stammen jeweils aus Kassel: Einerseits das Architektur‐ und Landschaftsarchitekturbüro foundation5+ sowie andererseits das Architekturbüro pape+pape, die mit GTL Landschaftsarchitekten zusammengearbeitet haben. Beide Entwürfe bringen Vorzüge mit sich, sei es im Bereich der Grundrissaufteilung oder im Bereich der Freianlagenplanung und lösen die gestellte Aufgabe damit sehr gut.
Der Entwurf von pape+pape Architekten überzeugt durch seine klare innere Grundrissorganisation und die sehr guten Potentiale unterschiedlicher Nutzungen auch nach Betriebsschluss der Kita. Die klare Struktur des Hauses verspricht eine idealtypische und wirtschaftliche Realisierung des Hauses in Holzbauweise und wird so den Anforderungen der Auslobung an nachhaltiges Bauen gerecht. Die vorgeschlagene holzsichtige Materialität erzeugt eine sehr gute Aufenthaltsqualität im Inneren sowie ein stimmiges äußeres Erscheinungsbild.
Der Entwurf von foundation 5+ überzeugt im Besonderen in seiner städtebaulichen Setzung und der Ausformulierung der Freiraumbezüge und Wegebeziehungen sowie seinen Angeboten im Kitabereich. Die hier ausgearbeitete Struktur stützt das angestrebte offene pädagogische Konzept der Einrichtung. Zudem wird die Wirtschaftlichkeit als gut beurteilt. Der vorgelegte Entwurf zeigt eine Realisierbarkeit als Holzbau auf und wird damit ebenfalls den Anforderungen der Auslobung an nachhaltiges Bauen gerecht.
Der 3. Preis geht an das Architekturbüro pussert+kosch sowie Rehwaldt Landschaftsarchitekten aus Dresden. Ihre Arbeit vermittelt das Bild eines transparenten und offenen Lernortes mit hohem Aneignungspotential. Die nahezu konstruktionsarme Gestaltungsabsicht, die auskragenden Geschossplatten und leichten, raumhohen Glasbändern stellen allerdings die gewünschte Umsetzung in Holzbauweise in Zweifel. Insgesamt entspricht die Arbeit in ihrer Grundidee einem offenen und kreativen Lernort, mit guten Nutzungsmöglichkeiten für die offene Arbeit, erzeugte jedoch in ihrer Ausformulierung und Umsetzung gewisse Widersprüche und Kritik.
Neben den drei Preisträgern wurden ebenfalls zwei Anerkennungen verliehen: sdks architekten dummert, sonek und partner mit Angela Bezzenberger aus Darmstadt sowie MGF Architekten mit Wiedemann+Schweizer Landschaftsarchitektur aus Stuttgart. Insgesamt schüttet die Stadt Kassel Preisgelder in Höhe von 50.000 Euro aus. Preisgerichtsvorsitzende Susanne Wartzeck resümiert: „Ich habe mich als Vorsitzende des Preisgerichts sehr gefreut, dass die Stadt Kassel dieser Bauaufgabe eine so hohe Wertschätzung entgegenbringt. Es sind diese vermeintlich selbstverständlichen Projekte, die für eine Stadtgesellschaft von zentraler Bedeutung sind, aber leider oftmals nicht mit genügender Sorgfalt behandelt werden. Die Wettbewerbsbeiträge haben gezeigt, dass die Aufgabe überdies am Standort alles andere als einfach war. Umso schöner ist es, dass die Jury am Ende zwei sehr gute Ansätze ausmachen konnte, die eine gute und angemessene Lösung für den Standort erwarten lassen. Wir dürfen gespannt sein, welcher der beiden Ansätze sich nach der Überarbeitung als der passendste für die Nutzer und den Standort erweisen wird.“
Seit Sommer 2022 ist entschieden, dass der Entwurf des Kasseler Architekturbüros foundation 5+ architekten BDA umgesetzt wird.
Die Bildungsregion Waldau
Im Rahmen des Kasseler Zukunftsprogramms wurde 2008 die Bildungsregion Waldau als Leuchtturmprojekt gestartet, um die städtische Gesamtstrategie „Kassel bildet!“ stadtteilbezogen zu erproben. Es ist in den letzten Jahren gelungen, eine funktionierende und ausbaufähige kommunale Bildungsregion im Stadtteil Waldau aufzubauen. Ausgehend von den Erfahrungen und dem Organisations- und Strukturmodell der Bildungsregion Waldau, welches eine horizontale und vertikale Vernetzung gewährleistet, soll nun schrittweise die Bildungsregion Kasseler Osten entstehen. Der Transfer der Bildungsregion Waldau in die drei weiteren Stadtteile des Kasseler Ostens soll auch dort die Akteure verbindlich und zielgeleitet vernetzen. Im Mittelpunkt der Bildungsregion Kasseler Osten stehen Bildungschancen für alle Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Der Blick soll dabei von Anfang an auf die gesamte Bildungsbiografie gerichtet sein und den Bereich der Erwachsenenbildung im Sinne des lebensbegleitenden Lernens stadtteilbezogen einschließen.
Investitionspakt Soziale Integration im Quartier
Im Jahr 2019 wurde das Projekt Campus Waldau mit dem ersten Baustein Familienzentrum in das Förderprogramm „Investitionspakt Soziale Integration im Quartier“ aufgenommen, 2020 folgte die Aufnahme der Bausteine Lernwerkstatt und Kita (Krippe und Betreuung von Kindern von drei bis sechs Jahren).
Der Campus Waldau soll ein Pilotprojekt in der Verbindung von Bildung und Stadtentwicklung mit einem baulich-räumlichen und bildungsbezogenen Mehrwert für den gesamten Stadtteil und den Kasseler Osten werden. Es soll mit ergänzenden Maßnahmen im Umfeld von Kindertagesstätte und Schule eine räumliche und integrativ wirkende Scharnierfunktion für die Verbindung der Wohnstadt Waldau mit dem alten Ortskern erreicht werden.
Sabrina Baier
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